Hans und Ilse Rönn

Das Stifter-Ehepaar Hans und Ilse Rönn

Bei seinen ausgedehnten Reisen durch Europa und andere Kontinente machte der Lufthansakaufmann Hans Rönn (1922-2003) eine bittere Erfahrung: Fast überall fand er die von ihm zeitlebens geliebte Tierwelt von seiten der Menschen gejagt, gequält, misshandelt, ausgebeutet, ausgerottet. Der Mensch sieht sich selbst nicht in Gemeinschaft mit den Tieren und der Mitwelt, sondern maßt sich an, die Natur für seine Zwecke hemmungslos zu nutzen.

Hans Rönn beschloss, sein durch harte Arbeit erspartes Vermögen als Gegengewicht gegen den Tiermissbrauch in aller Welt einzusetzen. Mit seiner Ehefrau Ilse Rönn (1927 – 2011) und einem ausgewählten Helferkreis, dem Kuratorium, gründete er seine Stiftung „Menschen für Tiere“, welche am 27. April 1999 durch die Bezirksregierung Düsseldorf als selbständige Stiftung bürgerlichen Rechts genehmigt wurde.

Hans Rönn wurde am 18. Dezember 1922 in Hammerstein (Landkreis Neustettin, Ost-Pommern; jetzt Polen) geboren und verstarb in Düsseldorf am 10. Mai 2003. Nach bescheidenen Anfängen bedingt durch Krieg, Vertreibung, und später Flucht aus Sachsen in den Westen Deutschlands arbeitete Hans Rönn zuletzt als kaufmännischer Angestellter der Deutschen Lufthansa. Er vermachte zu Lebzeiten (1999) von seinen Ersparnissen seinen drei Kindern ein vorweg genommenes Erbe, sorgte für die Zukunft seiner Frau Ilse und brachte einen sehr erheblichen Teil des Ersparten in unsere Stiftung ein, die daher zurecht seinen Namen trägt.

Düsseldorfer charakterisierten ihn so: Fleißig und dennoch innovativ, für sich sparsam und dennoch immer großzügig im Helfen für Mensch und Tier. Alles Helfen geschah in unterstützender Absprache mit seiner Frau Ilse Rönn, die aus Torgau an der Elbe stammte. Frau Rönn wurde in Nachfolge ihres Mannes zur Kuratoriumsvorsitzenden gewählt und unterstützte bis zu ihrem Tod im Jahr 2011 regelmäßig unserer Stiftung mit Zustiftungen, obwohl sie im klassischen Sinne nicht „reich“ war. Entscheidend war aber auch hier ihre motivierende Kraft.

Das Ehepaar Rönn nahm um 1997/1998 als gemeinsame Herausforderung des „Älterwerdens“ eine Neubewertung der Lebensziele vor und stellte sich damit unbewusst die alte philosophische Frage: Wer bin ich und was will ich, oder besser beim Ehepaar Rönn: Was soll ich überhaupt jetzt noch wollen und auch sollen? In realistischer Selbsteinschätzung verbunden mit erheblichen materiellen und zeitlichen Opfern haben beide, Ilse Rönn und Hans Rönn, zu einer echten Ganzheit und ethischen Integrität in einem Lebensabschnitt gefunden, wie es andere unserer „älter werdenden Mitbürger“ in dieser oft schwierigen psycho-sozialen Phase des schon weit fortgeschrittenen Erwachsenenlebens nicht schaffen. Resignation und Stagnation, Apathie und Zaghaftigkeit, Willensschwäche und Fatalismus in einer älter werdenden Gesellschaft gefährden aktive ethische Innovationen.

Das Ehepaar Rönn floh nicht in die Erlebnis- und Unterhaltungsgesellschaft, sondern bewahrte sich Werte wie Wärme, Unmittelbarkeit, Respekt für das Leben aller Geschöpfe und viel Einfühlungsvermögen. Das sind gleichzeitig die Voraussetzungen für die Fähigkeit, selbstbestimmt zu leben, eben „ich selbst“ zu sein, also wirkliche Identität im Sinne von Echtheit, Konkretheit und Nähe. Das sind auch die Fähigkeiten, Ererbtes oder Erlerntes voll einzubringen, offen für Neues zu sein und sich konstruktiv mit anderen Menschen zusammenzutun, wie z.B. in unserer Düsseldorfer Stiftung, die 2019 auf 20 Jahre erfolgreiche Förderung von Aktivitäten im Tierschutz und für Tierrechte zurückblickt.

Das Ehepaar Rönn vermochte, andere noch zu ethisch wertvollem Handeln durch Vorbild-Sein zu motivieren (z. B. immer wieder Zustiftungen; Teilnahme an den Düsseldorfer Stiftertagen). Selbstaktualisierung ist da ein kluges Wort aus der Psychologie. Ein anderer moderner Begriff zu diesen Ausführungen lautet: Empathie. Das ist etwas anderes als nur Sympathie, denn Empathie meint ein wirkliches „Sich-Einfühlen“ in ein anderes Leben/Lebewesen oder in fremdes Leid. Hans Rönn, unser Stifter und Motor in der üblichen formalen Stiftungsarbeit (Buchhaltung/ Rechnungslegung/ Spendenquittungen schreiben/ Korrespondenzen), verfügte über diese Empathie gegenüber Mensch und Tier: Die Stiftung ging mit ihm einen guten Anfangsweg zusammen. Dieser war für uns alle leider nur (zu) kurz.

Nach diesem Plädoyer gegen jede Lauheit, Halbherzigkeit und Mittelmäßigkeit noch zwei Zitate gegen bloße Konvention und puren Konformismus, die für das Leben von Hans Rönn stehen. Die beiden Zitate, die ihm zum 80. Geburtstag 2002 von den Glückwünschen bleibend gefielen und die er, von schwerer Krankheit schon gezeichnet, immer wieder gern zitierte, sollen die Kurzbiografie beschließen. Das erste Zitat kann als Motto von Hans Rönn gelten: Optimismus oder was bleibt? Thomas Manns Tochter, Elisabeth Mann Borges, hatte sich schon vor Jahrzehnten der damals noch nicht so aktuellen Ökologie verschrieben und wusste lebensklug: „Ich muss mich zum Optimismus zwingen, um handeln zu können.“

Besonders gut gefielen Hans Rönn Sätze des berühmten Architekten und Theoretikers moderner Ästhetik Walter Gropius (1883-1969) aus einem Brief. Unter der klaren Prämisse, dass Hans Rönns Stiftung ein bleibendes und erhaltenswertes Kulturgut der Gegenwart ist, soll diese Skizze mit jenem Gropius-Zitat schließen:

„Handeln Sie so, als ob Sie ewig leben würden und planen Sie weit nach vorne. Damit meine ich, dass Sie sich ohne Zeitgrenzen verantwortlich fühlen müssen, und die Frage, ob Sie noch auf dieser Welt sind, um die Resultate zu sehen, darf von Ihnen überhaupt nicht gestellt werden. Wenn Ihr Beitrag wesentlich war, dann wird immer jemand dort wieder anfangen, wo Sie aufgehört haben, und das wird Ihr Anspruch auf Unsterblichkeit sein.“

Wir – das Kuratorium und der Vorstand der Stiftung – führen das Vermächtnis von Hans und Ilse Rönn fort.

Prof. Dr. Wolfgang Karnowskys Rede zum 80. Geburtstag von Hans Rönn, 2002

Hier die Rede als PDF